2023: Positionspapier: Solar

27.03.2023 - Positionspapier - Solarenenergie

Positionspapier Beschleunigung des Ausbaus der Solarenergie in Rheinland-Pfalz

Inhaltsverzeichnis:

A.   Allgemein

B.    Freiflächen-Photovoltaik

B.1.      Vorschläge zur gesteuerten Beschleunigung des Ausbaus der Freiflächenphotovoltaik in RLP

1.     Die kurzfristige Herausgabe von Anwendungshinweisen zur EEG-Novelle 2023

2.     Kommunale Steuerungskonzepte dürfen nicht den Ausbau der FF-PV verzögern.

3.     Die Beschleunigung der Prozesse auf Raumordnungsebene.

4.     Die Genehmigungsfreistellung bzw. Genehmigungsfreiheit für FF-PVA.

5.     Die Aufstellung von Kriterien für eine Zielausnahmeregelung bei dem Konflikt mit bestehenden             Vorranggebieten in Regionalplänen.

6.     Anpassung der bestehenden Regionalen Raumordnungspläne zum Abbau der Hindernisse für              die FF-PVA.

7.     Die Anerkennung von Solarparks als wertvoller Beitrag für Wasser, Boden und Natur

8.     Die Fortschreibung PV-Freiflächenverordnung RLP mit Erhöhung Ausschreibungsvolumen.

9.     Ein landesweit geltender Handlungsleitfaden für den Vollzug.

10.       Die Vereinbarkeit zwischen Landwirtschaft und Naturschutz stärken.

11.       Die Einordnung von Solarparks in den landwirtschaftlichen Kontext.

12.       Die Beschleunigung des Netzausbaus.

13.       Die Berücksichtigung von Hybridkraftwerken Wind und PV im Planungsrecht.

B.2.      Technologische Entwicklungen.

1.     Agri-Photovoltaik.

2.     Neue Lösungsansätze.

C.    Aufdach-Photovoltaik.

C.1.      Vorschläge zur Beschleunigung des Ausbaus der Aufdach-Photovoltaik in RLP.

3.     Fachkräftemangel entgegenwirken.

4.     Bürokratieabbau vorantreiben.

5.     Planungssicherheit schaffen.

D.   Vorschlag zur Stärkung der Solarwirtschaft.

1.     Reduktion der wirtschaftlichen Abhängigkeit mit dem Ausland.

2.     Aufbau einer vertikal integrierten Photovoltaik Produktion in Europa.



A.  Allgemein

Als Fachgruppe Solar des Landesverbandes Erneuerbare Energie Rheinland-Pfalz/Saarland e. V. machen wir uns für den Ausbau der Solarenergie in Rheinland-Pfalz und im Saarland stark und erarbeiten als fachlicher Zusammenschluss unterschiedlicher Vertreter der Branche einen gemeinsamen Konsens mit Antworten und Lösungsvorschlägen zu aktuell anstehenden Fragestellungen und Herausforderungen der Solarenergieerzeugung.

Das Jahr 2022 war geprägt von rasanten Veränderungen in der Energiewirtschaft. Seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und der damit verbundenen Folgen auf die nationale Wirtschaft und Versorgungssicherheit rücken die Erneuerbaren Energien immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit, Wirtschaft, Politik und Gesetzgebung. So hat der Gesetzgeber dem Ausbau und Betrieb der Erneuerbaren ein überragendes öffentliches Interesse zugesprochen und ihre hohe Relevanz für die öffentliche Sicherheit bestätigt.

In diesem Positionspapier möchten wir die aktuell häufigsten Fragestellungen zur Solarwirtschaft in Rheinland-Pfalz aufgreifen und unsere fachliche Bewertung, stets mit Bezug auf die Praxiserfahrung aus der Fachgruppe, abgeben. Kernthema sind unsere Vorschläge zur gesteuerten Beschleunigung des Ausbaus der Photovoltaik in Rheinland-Pfalz.


B.  Freiflächen-Photovoltaik

B.1.    Vorschläge zur gesteuerten Beschleunigung des Ausbaus der Freiflächenphotovoltaik

Der Ausbau der Erneuerbaren steht seit der Verabschiedung der EEG-Novelle 2023 im überragenden, öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit [1]. Mit dieser Entscheidung verdeutlicht der Gesetzgeber die Dringlichkeit eines beschleunigten Ausbaus der Erneuerbaren Energien zum Schutz unseres Klimas. Vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise und der Diskussion um eine sichere und bezahlbare Energieversorgung ist der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren nun dringlicher denn je.

Das rheinland-pfälzische Klimaschutzkonzept sieht die Erreichung einer 100%igen Energieversorgung aus Erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 vor[2]. Hierfür wird ein jährlicher Photovoltaik-Zubau von 500 MW als notwendiges Instrument vorgegeben[3]. Im aktuellen Jahr wurden von Januar bis November lediglich rund 321 MW zugebaut, im Jahr 2021 lag der Zubau bei rund 268 MW [4].

Als Landesverband Erneuerbare Energie Rheinland-Pfalz/Saarland e. V., Fachgruppe Solar, sehen wir eine konsequente Nutzung von Dachflächen und Fassaden sowie den gesteuerten Neubau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen (FF-PVA) in unserem Bundesland als einen essenziellen Beitrag zur Energiewende. Mit den hier unterbreiteten Vorschlägen kann die Ausbaudynamik der Freiflächen-Solarenergie in Rheinland-Pfalz deutlich beschleunigt werden.


1.     Die kurzfristige Herausgabe von Anwendungshinweisen zur EEG-Novelle 2023

Von Seiten des Landes wird kurzfristig eine anwendungsbezogene Erläuterung der genehmigungsrelevanten Regelungen der EEG-Novelle 2023 benötigt. Insbesondere die mit § 2 EEG einhergehenden Konsequenzen bedürfen praxisnaher Hilfen, da die Formulierung nicht hinreichend konkretisiert:


§ 2 EEG (2023) „Besondere Bedeutung der erneuerbaren Energien:

Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Satz 2 gilt nicht gegenüber Belangen der Landes- und Bündnisverteidigung.“

 

In der Gesetzesnovelle wurden konkrete Zielvorgaben festgelegt, die den Ausbau der erneuerbaren Energien erheblich beschleunigen sollen. An der Umsetzung der vorgegebenen Ziele arbeitet die Solar-Branche sehr intensiv. Für eine schnelle und erfolgreiche Umsetzung benötigt es jedoch konkrete Anwendungshinweise (z.B. über einen Erlass) für alle im Planungs- und Genehmigungsprozess beteiligten Akteure. Das ist für die Handlungsfähigkeit der zuständigen Fachbehörden aber auch der zuständigen Kreis-, Stadt- und Gemeindeverwaltungen enorm wichtig. Die zuständigen Stellen und deren Mitarbeiter/innen sollten im Rahmen des gesetzlich möglichen einschließlich des jeweiligen persönlichen Handlungsspielraumes, den Ausbau der Erneuerbaren als im überragenden, öffentlichen Interesse stehend und der öffentlichen Sicherheit dienend (§2 EEG 2023) (be)werten und entsprechend priorisieren können.

Auch im Falle weiterer genehmigungsrelevanter Gesetzesänderungen sollte zeitnah eine konkretisierende Handlungsanweisung von Seiten des Landes herausgegeben werden. Bei Anpassung von Bundesgesetzen sollte stets eine zeitnahe Anpassung der Landesgesetzgebung im Sinne des Ausbaus der Erneuerbaren Energien erfolgen.


2.     Kommunale Steuerungskonzepte dürfen nicht den Ausbau der FF-PV verzögern

Mehr und mehr Verbandsgemeinden beauftragen Fachplanungsbüros für die Durchführung von Potenzialflächenstudien für FF-PVA. Die Studienergebnisse sind Grundlage für eine verbandsgemeindeweite FF-PVA-Gesamtkonzeption und werden in der Regel in den Flächennutzungsplan aufgenommen.

Infolge der steigenden Anzahl von Anfragen im Rahmen der bauleitplanerischen Genehmigungsverfahren werden Kommunen nun regelmäßig dazu aufgefordert, keine neuen Bauleitplanungsverfahren für FF-PVA bis Vorliegen einer Gesamtkonzeption anzugehen. Auch pausieren Verbandsgemeinden eigeninitiativ Bauleitplanverfahren für FF-PVA bis zum Vorliegen der Studienergebnisse. Abhängig von der Bearbeitungsdauer der Steuerungskonzepte verzögern sich FF-PVA-Projekte ohne weiteres um ein ganzes Jahr oder länger.

Dieser Zustand kann nicht im Interesse der Energiewende sein und bedeutet aus Sicht der Projektentwickler faktisch ein Moratorium für viele FF-PVA-Planungen, entsprechend wird die umgehende Fortsetzung aller pausierter Verfahren gefordert.


3.     Die Beschleunigung der Prozesse auf Raumordnungsebene

Die verschiedenen Verfahren im Rahmen des Genehmigungsprozesses einer FF-PVA sind derzeit sehr komplex, von Doppelprüfungen geprägt und zeitaufwändig. Auf Ebene der Raumordnung – konkret die Raumordnungsfahren (ROV) und Zielabweichungsverfahren - kann eine Entschlackung der Prozesse erfolgen, ohne Einfluss auf die Qualität zu nehmen.


3.1.  Die Anhebung der Schwelle für Raumordnungsverfahren von 10 ha auf 20 ha

Der notwendige Aufwand für ein Raumordnungsverfahren (in RLP aktuell ab ca. 10 ha Flächengröße) ist insbesondere bei kleineren und mittelgroßen Flächen gegenüber des Erkenntnisgewinns ungerechtfertigt hoch. Auf Grund der geringen Auswirkung von Solarparks auf den Raum (geringe Bauhöhe, sehr geringe Bodenversiegelung) ist deshalb unterhalb einer Schwelle von 20 ha auf ein Raumordnungsverfahren zu verzichten. Bei der Schwelle von 10 ha bis 20 ha sollte eine vereinfachte raumordnerische Prüfung durchgeführt werden. Bei kleinen Projekten mit weniger als 10 ha sollte auf eine raumordnerische Prüfung generell verzichtet werden.


3.2.  Die Vereinheitlichung und Beschleunigung der Prozesse der Struktur- und Genehmigungsdirektionen Nord und Süd.

Derzeit unterscheiden sich die Arbeitsweisen der Struktur- und Genehmigungsdirektionen (SGD) Nord und Süd. Ein enges abgestimmtes sowie einheitliches Vorgehen beider Behörden würde den Vorhabenträgern das Abarbeiten der behördlichen Anforderungen erleichtern. 


3.3.  Die Bündelung von Raumordnungsverfahren und Zielabweichungsverfahren bei den Struktur- und Genehmigungsdirektionen.

Derzeit führen in der Regel die Landkreise die Raumordnungsverfahren bzw. bei < 10 ha Flächengröße die vereinfachte raumordnerische Prüfung durch, die Struktur- und Genehmigungsdirektionen (SGD) sind hingegen lediglich Ansprechpartner für Zielabweichungsverfahren. Aus unserer Sicht würde eine Bündelung beider, inhaltlich unmittelbar miteinander verbundenen Verfahren auf Ebene der SGD den gesamten Verfahrensprozess schmälern und somit beschleunigen. Für die Realisierung sollte eine ausreichende Personalkapazität sichergestellt werden.


3.4.  Die Integration von Zielabweichungsverfahren in den Vorgang der Raumordnungsverfahren

Eine zusätzliche Straffung der Verfahren ist über die Integration der Zielabweichungsverfahren in die Raumordnungsverfahren bzw. vereinfachte raumordnerische Prüfungen möglich[5]. So kann die Prüfung der raumordnerischen Auswirkungen bei Zielbetroffenheit direkt abgeprüft werden und die Ausarbeitung beinahe identischer Unterlagen müsste nicht mehr stattfinden.


3.5.  Eine kurze Bearbeitungsfrist für Beteiligungsverfahren

Da die Ergebnisse von Beteiligungsverfahren (z.B. bei Zielabweichungsverfahren, Raumordnungsverfahren) unmittelbar auf die Fortsetzbarkeit und die Gestaltung von Projekten Einfluss nehmen, sollte in den Verfahren, bei denen keine gesetzliche Frist festgelegt ist, die Beteiligungsfrist auf einen Monat beschränkt und auf Fristverlängerungen für die beteiligten Behörden verzichtet werden. Dies ermöglicht zeitnahe Entscheidungen über die Zukunft von Vorhabenstandorten und eine effiziente Nutzung von Planungskapazitäten auf allen Ebenen. [6]


3.6.  Gezielte Beteiligungsverfahren

Die Prüfung der zu beteiligenden Behörden in den Raumordnungs- und Zielabweichungsverfahren sollte den Fokus stärker auf die tatsächliche Betroffenheit auf Raumordnungsebene richten. Soweit kein Vorranggebiet oder Vorbehaltsgebiet des jeweiligen Fachbereichs betroffen sein kann, sollte eine Beteiligung im Rahmen der Bauleitplanung ausreichen.


3.7.  Die Optimierung des Untersuchungsraums für die Alternativenprüfung

Sofern kein Gesamtkonzept für FF-PVA auf Verbandsgemeinde-Ebene abschließend vorliegt, sollte von Seiten der SGD festgelegt werden, dass der Untersuchungsraum für die Alternativenprüfung von vereinfachten raumordnerischen Prüfungen bzw. ROV auf die Fläche der betroffenen Ortsgemeinde beschränkt werden. Dies begründet sich allein schon daraus, dass ihr die Planungshoheit innerhalb des Ortsgemeindegebietes obliegt, auf Flächen außerhalb des Gemeindegebiets kann sie hingegen nicht zugreifen.


4.     Die Genehmigungsfreistellung bzw. Genehmigungsfreiheit für FF-PVA

Sofern keine Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans vorliegen, beschleunigt eine Genehmigungsfreistellung für FF-PVA [7] im Geltungsbereich von Bebauungsplänen bzw. die Genehmigungsfreiheit von FF-PVA im Geltungsbereich von vorhabenbezogenen Baubauungsplänen den Gesamtprozess der Genehmigungsphase.


5.     Die Aufstellung von Kriterien für eine Zielausnahmeregelung bei dem Konflikt mit bestehenden Vorranggebieten in Regionalplänen

Die bestehenden Regionalen Raumordnungspläne „kennen“ die aktuellen Ziele zum Ausbau der Erneuerbaren noch nicht. Entsprechend sind regelmäßig Konflikte vorprogrammiert und es wird versucht mittels vorhandener Instrumente Lösungen herbeizuführen, obwohl deren Eignung für den regelmäßigen Gebrauch zu diskutieren ist. So stellen Zielabweichungsverfahren aktuell die einzige Möglichkeit dar, die derzeitige raumordnerische Kulisse an die aktuellen Erfordernisse der Energiewende anzupassen.

Bis die Kulisse der Regionalen Raumordnungspläne dem überragenden öffentlichen Interesse der Erneuerbaren Energien und den ambitionierten Ausbauzielen gerecht wird, können Zielausnahmeregelungen bei der Betroffenheit von Vorranggebieten eine praktikable Lösung darstellen, da über dieses Instrument klare fachliche Vorgaben für eine Vereinbarkeit trotz Zielbetroffenheit macht. Die Kriterien können bspw. zeitlich auf das Erreichen von 100% Erneuerbarer Energien beschränkt werden und eine flächenbezogene Beschränkung vorgeben.


5.1.  Vorranggebiet Landwirtschaft

Geeignete Kriterien für eine Zielausnahmeregelung bei der Betroffenheit von landwirtschaftlichen Vorranggebieten sehen wir insbesondere auf landwirtschaftlich benachteiligten Standorten im Sinne des EU-Förderrechtes. Auch sollten die im EEG berücksichtigten Kriterien für FF-PVA berücksichtigt werden und Flächen entlang von linienförmigen Infrastrukturtrassen (aktuell 500 m-Bereich) ohne Zielabweichungsverfahren beplanbar sein. Die Nutzung von Vorranggebieten Landwirtschaft für FF-PVA kann zeitlich z. B. auf 30 Jahre ab Errichtung beschränkt werden und der Umfang auf einen Anteil von ca. 3-5 % der Fläche einer Ortsgemeinde beschränkt werden. Besonders kleinteilige Vorranggebietsausweisungen können aufgrund der regionalplanerischen Unschärfe oft nur über die GIS-Daten festgestellt werden. Hier wünschen wir uns eine größere Kompromissbereitschaft für FF-PVA-Planungen.


5.2.  Vorranggebiet Regionaler Grünzug und Regionaler Biotopverbund

Mit der Errichtung von Solarparks auf ackerbaulich genutzten Flächen und artenarmen Grünland findet bei guter Planung eine ökologische Aufwertung der Flächen statt. Deshalb sollte eine generelle Zulässigkeit von Freiflächenphotovoltaik-Nutzung innerhalb von regionalen Grünzügen und Flächen des Regionalen Biotopverbunds festgelegt werden, sofern durch den Solarpark die Ausgangssituation in Bezug auf die Biodiversität des Vorranggebiets Regionaler Biotopverbund und Funktion des Regionalen Grünzuges nicht verschlechtert wird. Dies ist im Rahmen der Anlagenplanung sowie der Baurechtsschaffung abzuarbeiten.


5.3.  Vorranggebiet Windenergienutzung (ergänzende Nutzung)

Wir sehen in Vorranggebieten für Windenergienutzung Potenzial für die ergänzende Nutzung für FF-PVA. Entscheidend ist dabei, dass die FF-PVA-Planung auf das Umfeld bestehender Windenergieanlagen beschränkt bleibt, in welchem aufgrund technisch erforderlicher Abstände ohnehin keine weitere Windenergieanlage errichtet werden kann. Auch hat die Nutzung für das Repowering von Windparks weiterhin Vorrang.  


6.     Anpassung der bestehenden Regionalen Raumordnungspläne zum Abbau der Hindernisse für die FF-PVA

Ergänzend zu der Aufstellung von Zielausnahmeregelungen ist die Anpassung der Regionalpläne für eine gesamträumliche Steuerung des Ausbaus von PV-FFAs mittelfristig notwendig. Hierbei sollten die Überprüfung, Optimierung und ggf. Rücknahme bzw. Verlagerung von Vorranggebieten an geeigneten Stellen im Fokus stehen. Insbesondere landwirtschaftliche Vorranggebiete sind bisher in vielen Bereichen sehr kleinteilig mitunter in ihrer Form nicht nachvollziehbar ausgewiesen. Eine Optimierung der Vorranggebietskulisse würde selbst bei gleichbleibender Gesamtfläche mehr Raum für FF-PVA schaffen.


7.     Die Anerkennung von Solarparks als wertvoller Beitrag für Wasser, Boden und Natur

FF-PVA stellen für den Grundwasser-, Boden-, Arten- und Naturschutz keinen Flächenentzug dar. Im Gegenteil, sie tragen insbesondere auf Ackerflächen und artenarmen Grünland zu einer positiven Entwicklung der Schutzgüter bei und sollten deshalb im Rahmen der Eingriffs- und Schutzgutbewertung bzw. in den Kompensationsregularien des Landes Rheinland-Pfalz entsprechende positive Gewichtung erhalten.

Aufgrund der minimalen Versiegelung (i.d.R. 1-2 %) durch Solarparks sind die Entwicklung bzw. der Erhalt von extensivem Grünland möglich und wichtig, sodass faktisch bereits eine Doppelnutzung stattfindet. Bei Beachtung der einschlägigen Empfehlungen und behördlichen Auflagen wird ein Beitrag zur Verbesserung der biologischen Vielfalt und zur Biotopvernetzung geleistet. Die Flächeninanspruchnahme durch FF-PVA kann bei naturverträglicher Ausgestaltung zu einem deutlich positiven Effekt für viele Schutzgüter führen. Eine wesentliche Voraussetzung für die Steigerung der Biodiversität ist die dauerhafte extensive Nutzung und Pflege des Grünlandes innerhalb der FF-PVA.

Grundsätzlich ist bei FF-PVA von keiner erheblichen Minderung der natürlichen Schutzfunktion der Erdoberfläche auszugehen. Durch den Wegfall von Bodenbearbeitung, Düngung und Pestizideinsatz können mögliche Schädigungen des Grundwassers und des Bodenkörpers deutlich reduziert werden.


7.1.  Die Beschränkung von Kompensationsmaßnahmen auf die Solarparkfläche

Kompensationsmaßnahmen außerhalb der Solarparkfläche sind bilanziell nicht notwendig und auch wenig zielführend, da die Fläche innerhalb der FF-PVA für eine ökologische Aufwertung ausreichend ist und ein zusätzlicher Flächenentzug landwirtschaftlicher Fläche vermieden wird. Als Grundlage hierfür ist eine besonders naturverträgliche Solarparkkonzeption erforderlich.


7.2.  Flächenschonende Anforderungen für Solarparks in geschütztem Grünland

Sofern in naturschutzfachlich besonders relevanten Flächengebieten, z.B. auf gesetzlich geschütztem Grünland (§ 30 BNatSchG, § 15 LNatSchG), FF-PVA geplant sind, sollte auf eine flächenschonende Kompensationsanforderung geachtet werden. Als Grundlage hierfür ist eine besonders naturverträgliche Solarparkkonzeption erforderlich.


7.3.  Die Anrechnung etwaiger Überkompensationen

Eine etwaige Überkompensation aus Solarparkflächen von Angebotsbebauungsplänen ohne zeitliche Befristung sollte für andere Eingriffsvorhaben in der räumlichen Umgebung der Ortsgemeinde, bspw. Kabeltrasse, Windparks zulässig sein. 


7.4.  Eine generelle Vereinbarkeit von Solarparks in Wasserschutzgebieten

Eine generelle Ausnahmeregelung für den Bau von FF-PVA sollte in Wasserschutzgebieten (Ausnahme WSG I) unter Berücksichtigung der üblichen Schutzmaßnahmen zulässig sein.


8.     Die Fortschreibung PV-Freiflächenverordnung RLP mit Erhöhung Ausschreibungsvolumen

Auch wenn zunehmend Projekte außerhalb der EEG-Vergütung realisiert werden, sollte das jährliche Ausschreibungsvolumen der Freiflächenverordnung auf jährlich mindestens 500 MW erhöht werden.


9.     Ein landesweit geltender Handlungsleitfaden für den Vollzug 

Wir fordern - unter Einbeziehung von Branchenverbänden - die Ergänzung und Konsolidierung der bestehenden Vollzugshinweise durch die Ausarbeitung eines landesweit geltenden Handlungsleitfadens für FF-PVA, der die aktuellen Erfordernisse der Energiewende1 berücksichtigt und Anlagen außerhalb der EEG-Vergütung einschließt. Dieser sollte zu folgenden Belangen Vorgaben festlegen:

  • Herausstellung des überragenden öffentlichen Interesses der Erneuerbaren Energien
  • Ausreichende Flächenbereitstellung für die Nutzung der PV-FFA
  • Etablierung einheitlicher, beschleunigter und stringenter Genehmigungsverfahren zur Verfahrensbeschleunigung
  • Einheitliche Regelung des Kompensationsbedarfs
  • Klärung von Nutzungs- und Zielkonflikten mit anderen Nutzungsarten
  • Einheitliche Festlegungen zur Alternativenprüfung

Mit einem landesweit geltenden Handlungsleitfaden für FF-PVA würde den Planungsträgern ein einheitlicher Rahmen zur Verfügung stehen.


10. Die Vereinbarkeit zwischen Landwirtschaft und Naturschutz stärken

In der Diskussion über geeignete Flächen stehen die Solarparkplanungen aufgrund des steigenden Flächendrucks zunehmend im Konflikt der Interessen von Landwirtschaft und Naturschutz. Aus unserer Sicht kann nur eine ergebnisorientierte Kompromissbereitschaft aller Beteiligten den Ausbau der Erneuerbaren wirksam unterstützen. Hier sehen wir eine übergeordnete Steuerung / Moderation / Begleitung von Landesseite unter Einbindung der Beteiligten als geeignetes Instrument.


11. Die Einordnung von Solarparks in den landwirtschaftlichen Kontext

Aufgrund der regelmäßig geforderten und üblichen extensiven Grünlandbewirtschaftung auf Solarparkflächen empfehlen wir die Einordnung von FF-PVA in den landwirtschaftlichen Kontext. Gleichzeitig sollte verhindert werden, dass auf vormals ackerbaulich genutzten Flächen per se Dauergrünland entsteht bzw. ein Grünlandumbruch nach Beendigung der Photovoltaiknutzung regelmäßig nicht möglich ist. 


11.1.                   Vorteile im Steuerrecht

Aus unserer Sicht ist die steuerliche Einordnung von FF-PVA in den landwirtschaftlichen Kontext – gerade auch vor dem Hintergrund der weiterhin stattfindenden Bewirtschaftung des Grünlandes - sinnvoll und zudem ein wirksames Instrument, um viele komplexe Fragestellungen zu Erbschafts-, Schenkungs- oder Grundsteuer, Nachnutzung und Hofübergabe zu vereinfachen. Zurzeit werden FF-PVA als „Sonderbauflächen“ definiert und steuerlich deutlich schlechter gestellt als herkömmliche Landwirtschaftsflächen. Dies führt aktuell dazu, dass Flächeneigentümer aufgrund der nicht klar definierten, aber denkbaren steuerlichen Mehrbelastungen verunsichert sind und sich gegen die Projektierung ihrer Fläche entscheiden.


11.2.                   Vorteile im Agrarrecht

Die Einordnung von FF-PVA in den landwirtschaftlichen Kontext kann die Anwendbarkeit landwirtschaftlicher Regelwerke auf die FF-PVA-Fläche erleichtern. Gleichzeitig muss die Möglichkeit geschaffen werden, nach Nutzung als FF-PVA vormalige landwirtschaftliche Flächen, insbesondere Ackerflächen, wieder als solche nutzen zu können.

Wir sehen großes Potenzial in einer Anrechenbarkeit von FF-PVA als landwirtschaftliche Stilllegungsfläche. Gemäß GAP (Gemeinsame Agrarpolitik der EU) müssen mindestens 4 % der Ackerfläche eines Betriebs stillgelegt werden, um, neben weiteren Vorgaben, die Voraussetzung für die Auszahlung der Einkommensgrundstützung zu erfüllen. Derzeit sind die Regelungen der GAP noch zu restriktiv, um eine landwirtschaftliche Stilllegungsfläche parallel für FF-PVA zu nutzen. Hierfür sollte der gesetzliche Rahmen zeitnah geschaffen werden. 


12. Die Beschleunigung des Netzausbaus

Regelmäßig können planungsrechtlich geeignete Standorte aufgrund fehlender Einspeisekapazitäten in das öffentliche Stromnetz nicht weiterverfolgt werden. Durch die rasante Leistungssteigerung der EE-Anlagen offenbart sich hier der mangelnde Netzausbau der letzten zwei Dekaden. Wir fordern einen raschen Zubau an Netzkapazitäten und die Sicherstellung ausreichender Personalkapazitäten sowie auch hier die Optimierung von Genehmigungsprozessen. 

 

13. Die Berücksichtigung von Hybridkraftwerken Wind und PV im Planungsrecht

Zur effizienteren Nutzung der beschränkt vorhandenen Netzanschlusskapazitäten stellt der Bau von Windparks in Kombination mit FF-PVA in räumlicher Nähe einen wichtigen, ergänzenden Baustein auf dem Weg zur erneuerbaren Vollversorgung dar. Durch die komplementären Stromerzeugungsprofile beider Energiearten wird das Stromerzeugungsprofil solcher Hybridkraftwerke optimiert und gleichzeitig die Nutzung erneuerbarer Energien an einem Standort konzentriert. Daher sind PV-FFA mit einem gemeinsamen Netzanschluss mit Windparks bei der Flächenauswahl zu berücksichtigen.


B.2.    Technologische Entwicklungen

1.     Agri-Photovoltaik

Agri-Photovoltaik (kurz: Agri-PV) bezeichnet die Nutzung einer Fläche für die Erzeugung von Solarstrom bei gleichzeitiger landwirtschaftlicher Nutzung.  Damit kann mit Agri-PV - ähnlich wie mit Biodiversitäts-PV (gleichzeitige Nutzung von Flächen für Natur und PV) - die vorhandene Fläche doppelt genutzt werden und prinzipiell der Nutzungskonflikt zwischen Landwirtschaft und FF-PVA verringert werden.

Herausforderungen für die Umsetzung stellen derzeit die deutlich höheren Systemkosten, eine noch unzureichende Standardisierung, rechtliche Hürden bei der Einordnung der Agri-PV in den landwirtschaftlichen Kontext sowie die noch zu geringe Praxiserfahrung in Hinblick auf die Wachstumsentwicklung der Pflanzen dar. Auch ist die maschinelle Flächenbewirtschaftung im Vergleich zur rein landwirtschaftlichen Nutzung deutlich eingeschränkt. Insbesondere bei bodennahen, vertikalen Systemen, liegt zudem der flächenbezogene Stromertrag pro Hektar deutlich unter dem Wert von klassischen Solaranlagen.

Großes Potenzial sehen wir daher für Agri-PV im Bereich von mehrjährigen Sonderkulturen, wie Obst-, Beeren- und Weinanbau. Dort können horizontale Agri-PV-Anlagen die Kulturen vor Hagel, Starkregen, Sonnenbrand und Frost schützen und bestehende Schutzvorrichtungen wie Hagelschutzsysteme oder Folientunnel ersetzen. Damit lassen sich die wirtschaftlichen Nachteile der Agri-PV zumindest teilweise kompensieren.

In vertikalen, bodennahmen Agri-PV-Systemen sehen wir insbesondere die Chance, Flächen zu nutzen, die aus planungsrechtlichen Gründen (insb. Naturschutz, Raumordnung) nicht für klassische FF-PVA zur Verfügung stehen.


Agri-PV kann auch auf Grünlandflächen mit Weidetierhaltung oder Mahd umgesetzt werden. Allerdings findet bereits seit Jahren eine Doppelnutzung von Photovoltaik- und Grünlandnutzung über die klassische FF-PVA statt – hierfür wünschen wir uns ein stärkeres Bewusstsein.

An Standorten mit einem großen ökologischen bzw. landwirtschaftlich schwachen Potenzial sollte die Entwicklung biodiversitätsfreundlicher Solarparks als Mehrfachnutzung im Fokus stehen, was i.d.R. nicht in Verbindung mit einer Agri-PV zu leisten ist.


Fazit Agri-PV:

Die Fachgruppe Solar steht der Agri-PV im Sinne eines zusätzlichen Bausteins der Energiewende grundsätzlich positiv gegenüber, da alle aktuell verfügbaren Potenziale zum zügigen Erreichen der angestrebten Ziele im Ausbau der Erneuerbaren genutzt werden sollten. Der Einsatz von Agri-PV ist vorrangig auf landwirtschaftlichen Flächen mit Sonderkulturen (Obst-, Beeren- und Weinanbau) umzusetzen, da hier der Mehrfachnutzen am größten ist. Gleichzeitig sollten weiter Erfahrung durch wissenschaftliche Begleitung (wie bspw. das Forschungsvorhaben zur Apfelbaukultur in Gelsdorf) gesammelt und gesetzliche Regelungen weiterentwickelt werden. An Standorten mit einem großen ökologischen bzw. landwirtschaftlich schwachen Potenzial sollte die Entwicklung biodiversitätsfreundlicher Solarparks als Mehrfachnutzung im Fokus stehen.


2.     Neue Lösungsansätze

Wir begrüßen die Forschung und Entwicklung neuer Lösungsansätze für die Erzeugung von Solarstrom, wie bspw. vertikal ausgerichtete Photovoltaikmodule entlang von Lärmschutzwänden an Autobahnen. Allerdings sind in der breiten Masse bisher noch nicht etablierte Technologien kein Instrument für eine kurzfristige und wirksame Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien, sondern viel mehr interessante Ansätze für den perspektivischen Einsatz.


C.   Aufdach-Photovoltaik

PV Aufdachanlagen sowie Stromspeicher haben durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und den damit verbundenen steigenden Strompreisen, eine deutlich erhöhte Nachfrage erhalten. Aktuell kann die Wirtschaft diese Nachfrage noch nicht bedienen. Nachfolgend werden die Ursachen erläutert und Lösungsvorschlage aufgeführt.   


C.1.    Vorschläge zur Beschleunigung des Ausbaus der Aufdach-Photovoltaik in RLP

3.     Fachkräftemangel entgegenwirken

3.1.  Elektriker für Erneuerbare Energien

Wir sehen den Fachkräftemangel als aktuell größte Hürde für einen beschleunigten Ausbau der Aufdach-Photovoltaik. Schon jetzt ist es schwer, geeignete Handwerker zu finden. Bis 2035 werden sich jedoch die Fachkräfte innerhalb der Photovoltaikbranche bundesweit um den Faktor 6,5 erhöhen müssen. 

Hierbei ist es zwingend notwendig, durch eine groß angelegte Solarjoboffensive mit neuen Aus- und Weiterbildungsangeboten Fachkräfte für die Photovoltaikbranche zu qualifizieren, die den technischen Strukturwandel begleiten. Hierfür wäre ein neues Berufsbild des Elektrikers für Erneuerbare Energien wünschenswert. Dabei sollten Lerninhalte vermittelt werden, die tatsächlich zur Installation von Photovoltaikanlagen, aber auch Wärmepumpen, Wallboxen oder Windkraftanlagen benötigt werden. 


3.2.  Frauenanteil in der Branche

Der Anteil von Elektrikerinnen oder Frauen, die Photovoltaikmodule auf Dächern montieren, ist verschwindend gering. Das sollte sich ändern und Frauen sollten für das Handwerk begeistert werden. Hierfür sind groß angelegte Imagekampagnen notwendig, die zum einen den Handwerksberuf an sich attraktiver darstellen, sodass dieser, im Vergleich zu akademischen Berufen, keine Abwertung mehr erfährt, aber auch explizit an Frauen gerichtete Kampagnen, die Frauen im Handwerk einen sinnstiftenden Beruf vermitteln. 


3.3.  Ausländische Fach- und Hilfskräfte

Bedingt durch den demographischen Wandel sind wir auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen. Ein klassischer Braindrain kann aber nicht die Lösung sein, da die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens eine globale Herausforderung darstellt und auch andere Länder eine Energiewende durchlaufen müssen. Wir sehen deshalb insbesondere in geflüchteten Menschen Potenzial, die während ihrer Zeit in Deutschland die Energiewende als Fach- oder Hilfskräfte unterstützen können. Perspektivisch können sie im Falle der Rückkehr in ihr Heimatland erlerntes Wissen für die Energiewende vor Ort einbringen.


4.     Bürokratieabbau vorantreiben

4.1.  Vereinheitlichung der benötigten Formulare bei den Netzbetreibern

Durch die bürokratischen Prozesse der Netzbetreiber wird unnötig viel Arbeitskraft gebunden. Das größte Problem stellt hierbei die Undurchsichtigkeit der Prozesse dar. Je nach Standort der zu installierenden Anlage muss bei dem zuständigen Netzbetreiber eine Netzverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Anschließend müssen Inbetriebsetzungsunterlagen für die Photovoltaikanlage, den Speicher, etc., sowie Zählersetzungsformulare, Anmeldung zum Netzanschluss, Messkonzepte, usw. ausgefüllt werden. Jeder der 883 deutschen Stromnetzbetreiber – in Rheinland-Pfalz immerhin noch 60 – stellt eigene Anforderungen und Dokumente zur Verfügung.

Dies ist nicht nachvollziehbar, da der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. (VDE) unter der Norm VDE-AR-N 4105 standardisierte Formulare anbietet, die aber in der Regel von den Netzbetreibern nicht akzeptiert werden. Eine Vereinheitlichung der benötigten Formulare hätte zur Folge, dass das Ausfüllen der Unterlagen zu einem großen Teil automatisiert werden könnte, was eine immense Zeitersparnis mit sich bringen würde. 

Zusätzlich steigt durch die Vielzahl an unterschiedlichen Anforderungen die Fehlerquote, was wiederum zu einer Mehrbelastung und zu einer langsameren Bearbeitung führt. 

Eine Vereinheitlichung sollte in Abstimmung mit den Netzbetreibern umgesetzt werden. 


4.2.  Konkrete Definition von Begrifflichkeiten

Auch die Definition der Begrifflichkeiten ist leider nicht einheitlich. So bezieht sich die Anlagenleistung manchmal auf die Leistung des Wechselrichters, manchmal aber auch auf die Modulleistung der Photovoltaikanlage. Bei einer Standardisierung von Unterlagen muss daher zwingend eine einheitliche Definition von Begrifflichkeiten festgelegt werden. 


4.3.  Beschleunigte Bearbeitung bei Netzbetreibern

Auch auf Seiten der Netzbetreiber muss auf eine beschleunigte Bearbeitung gesetzt werden. Diese kommen dem erhöhten Anfrageaufkommen aktuell nicht nach. So sind Wartezeiten von mehreren Monaten üblich. Hier ist dringend eine personelle Aufstockung notwendig. 

Ggf. könnte eine Bagatellgrenze für kleinere Photovoltaikanlagen die Masse an zu bearbeitenden Anfragen reduzieren. Hier könnte, im Austausch mit den Netzbetreibern, eine kWp Grenze festgelegt werden, bis zu der nicht der vollständige bürokratische Prozess durchlaufen werden muss. 


4.4.  Jahressteuergesetz

Positiv dürfen die Änderungen im Jahressteuer hervorgehoben werden. Diese bringen eine enorme Erleichterung für die Betreibenden einer kleinen Photovoltaikanlage mit sich. 


5.     Planungssicherheit schaffen

Um all die genannten Maßnahmen umsetzen zu können sind langfristige Investitionen notwendig. Diese werden allerdings nur umgesetzt werden, wenn eine langfristige Planungssicherheit besteht. So muss sichergestellt werden, dass die aktuell hohe Nachfrage nicht kurzfristig wieder abflacht. Maßnahmen hier könnten unter anderem folgende sein: 


5.1.  Optimierung und Erweiterung der Solarpflicht

Prinzipiell ist die Solarpflicht in Rheinland-Pfalz zu begrüßen. Die Lösung zur Befreiung der Pflicht bei Unwirtschaftlichkeit ist aber eine zu bürokratische Maßnahme. Eine vereinfachte und standardisierte Lösung sehen wir in einem digitalen Kataster-Modell zur Verpachtung verfügbarer Dachflächen nach marktlogischen Mechanismen in Verbindung mit regulatorischen Grundlagen (Haftpflicht, etc.). Damit schließen wir uns hier einer Empfehlung des Umweltbundesamtes von 2020 zu einer Nutzungspflicht bei Neubau oder Dachsanierung seitens der Hauseigentümer an. Dabei können sich die Verpflichteten entweder dafür entscheiden, eine eigene PV-Anlage zu betreiben oder ihre Dachfläche in ein Verpachtungskataster einzutragen, um sie für die Verpachtung zum Betrieb durch Dritte zur Verfügung zu stellen. Wird auf einer Dachfläche dann weder durch den Dachflächeneigentümer noch über Dritte eine Photovoltaikanlage installiert und betrieben, so kann dieser Zustand als Beleg für eine fehlende Wirtschaftlichkeit herangezogen werden. Dies schafft Transparenz über Angebot und Nachfrage und ist gegenüber der Bevölkerung zumutbar. 

Die Fachgruppe Solar weist darauf hin, dass zur Erreichung des energiepolitischen Ziels der Landesregierung, den Strombedarf des Landes bis zum Jahr 2030 bilanziell vollständig aus Erneuerbaren Energien zu decken, ein jährlicher Zubau um 500 Megawatt installierter Photovoltaik-Leistung nötig ist. Daher ist eine gesetzliche Erweiterung der Solarpflicht erforderlich. 

Die Fachgruppe Solar fordert die Berücksichtigung folgender Themen: 

·      Grundsätzliche PV-Pflicht für alle Neubauten (sowohl privat als auch gewerblich) 

·      PV-Pflicht bei Dachsanierungen von Bestandsgebäuden 

·      PV-Pflicht schon ab 30 Parkplätzen. 

·      Schaffung von Anreizsystemen für PV auf bestehenden Parkplätzen und bestehendem Gewerbe, mit Möglichkeit einer Verpflichtung und stufenweiser Streichung der Anreize ab 2028 

·      PV-Pflicht für öffentliche Gebäude 


5.2.  Finanzierung von Photovoltaikanlagen

Um die aktuell starke Nachfrage am Markt weiterhin hochzuhalten, wäre es ratsam eine staatliche Förderung von PV auf Landesebene, mithilfe einer Finanzierungshilfe über zinsfreie Kredite, einzusetzen. Dies würde auch finanziell schwächeren Haushalten die Möglichkeit geben, sich an der Energiewende zu beteiligen. 


D.  Vorschlag zur Stärkung der Solarwirtschaft

1.     Reduktion der wirtschaftlichen Abhängigkeit mit dem Ausland

Um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten und die Klimaerwärmung auf maximal 1,7 Grad zu begrenzen, müssen, laut einer Studie der HTW Berlin aus dem Jahr 2021 bis 2035, 590 GW Leistung an Photovoltaik zugebaut werden. Dies entspricht einer Steigerung des Photovoltaikzubaus bis 2027 auf 45 GW pro Jahr. Aktuell werden in Deutschland Solarmodule mit einer Gesamtleistung von 2,8 Gigawatt hergestellt. Der restliche, weitaus höhere Anteil der Module stammt aus Asien, überwiegend China.

In Deutschland hergestellte Module werden häufig nur in Deutschland montiert, die Solarzellen selbst stammen aus China (Bsp.: Solarwatt, Dresden). Der chinesische Anteil liegt in allen Fertigungsstufen der Produktion inzwischen bei über 80%. In den vergangenen zehn Jahren hat das Land über 50 Milliarden Dollar in Photovoltaik-Produktionskapazitäten investiert – zehnmal so viel wie Europa.

Die Abhängigkeit von China ist hausgemacht. Vor zehn Jahren war Deutschland Weltmarktführer - vom Siliziumblock über die Zellen bis zum Modul. Dann entdeckte China diesen Zukunftsmarkt und begann, Produzenten staatlich zu fördern. Know-how floss von Deutschland nach China ab. Gleichzeitig wurde die Einspeisevergütung in Deutschland drastisch gestrichen. Während in Deutschland die Nachfrage einbrach, besetzte China den Markt. So gingen deutsche Hersteller wie etwa Solarworld reihenweise insolvent. 100.000 Arbeitsplätze wurden damals innerhalb von vier Jahren abgebaut. Zum Vergleich: Beim Ausstieg aus der Braunkohle geht es um weniger als 20.000 Arbeitsplätze.

Der Wiederaufbau einer europäischen Solarwirtschaft ist unerlässlich. 


2.     Aufbau einer vertikal integrierten Photovoltaik Produktion in Europa

In Europa muss eine nachhaltige Produktion von Polysilizium, Ingots, Wafern, Zellen und Modulen in Höhe von jeweils mindestens 600 GW sofort und unmittelbar realisiert werden. Dies würde nicht nur hunderttausende nachhaltige Jobs schaffen, sondern auch die Resilienz des Wirtschaftsstandorts Deutschland stärken. 

Kostenseitig können europäische Module inzwischen wieder mit Modulen aus China konkurrieren. So ist die Produktion inzwischen so weit automatisiert, dass der Gehaltsfaktor nicht mehr ausschlaggebend ist. Auch kommen die kurzen Wege in Europa dem Vorhaben entgegen. Der Transportkostenanteil bildet inzwischen einen signifikanten Anteil am Preis der chinesischen Photovoltaikmodule. 

Für den Aufbau der Produktionsanlagen sind allerdings sehr hohe Investitionskosten notwendig. Hier müssen attraktive Förderkulissen in Milliardenhöhe aufgebaut werden. 

Eine europäische Solarstrategie muss außerdem den gesamten Lebenszyklus von PV-Modulen mitdenken und einheitliche, politische Vorgaben hinsichtlich Instandhaltung, Wiederverwendung und Rohstoffrückführung veranlassen. Nur so ist es möglich eine Kreislaufwirtschaft zu realisieren und Europa langfristig möglichst unabhängig von weiteren Rohstoffimporten zu machen. 



Quellen:

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