2023: Stellungnahme: KWK im GEG

27.04.2023 - Stellungnahme - Kommunale Wärme

Stellungnahme: Eine gelingende Wärmewende benötigt die KWK als Erfüllungsoption im GEG

Am 19. April 2023 hat das Bundeskabinett den Entwurf der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) des BMWK und BMWSB beschlossen und forciert damit die Beschleunigung der Wärmewende. Für einen effizienten Transformationsprozess des Wärmesektors ist es notwendig, die vielseitigen Möglichkeiten der einzelnen Technologien auszunutzen und zu unterstützen. Dazu gehört auch die dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung, die hocheffizient Wärme und Strom bereitstellt. Bereits zur Vorlage des ersten Referentenentwurfs hatten wir darauf hingewiesen, dass die Kraft-Wärme-Kopplung im GEG fehlt und auch nicht als Ersatzmaßnahme benannt oder in der von uns vorgeschlagenen Erfüllungsoption Eingang in die Gesetzesnovelle gefunden hat. Wir möchten daher abermals auf die so wichtige Rolle gerade der dezentralen Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) für das Gelingen der Energie- und Wärmewende hinweisen.


Das Kabinett hat mit seinem Entwurf bereits die Priorität des Wärmesektors im Transformationsprozess des Energiesystems eingeräumt. Gerade hier leistet die hocheffiziente, dezentrale KWK einen bedeutenden Beitrag zur Versorgungssicherheit, denn sie verbindet den Strommarkt mit dem Wärmemarkt und ebnet den Weg für eine funktionsfähige Sektorenkopplung. Sie hat die Fähigkeit zur Deckung der Residuallast, wenn nach dem Ausstieg aus der Kernenergie auch idealerweise 2030 die Kohleverstromung das Energiesystem verlässt. Die gleichzeitige und gemeinsame Erzeugung von Strom und Wärme in KWK spart gegenüber konventioneller Versorgung bis zu 50 % Primärenergie ein und kann zur Bereitstellung derselben Nutzenergie die CO2-Emissionen um bis zu 80 % reduzieren. Sie ist die ideale und dauerhafte Partnerin der volatilen Wind- und Sonnenenergie auf dem Weg zur Klimaneutralität, wenn zunehmend Biomethan und grüner Wasserstoff Eingang in die KWK-Systeme finden.


Vor diesem Hintergrund sollte das novellierte GEG mit der richtigen Fokussierung auf die Wärmepumpe als führendes Heizsystem zur Erreichung des 65 % EE-Ziels durch dezentrale KWK flankiert und verbunden werden. Sowohl mit Blick auf die Wärmeleistungs- und Temperaturbedarfe der Heizsysteme im Gebäudebestand als auch auf die Kapazitäten der Verteilnetzinfrastruktur im Stromsystem plädieren wir für die konsequente Einbeziehung der KWK als Stabilitätsfaktor, denn sie vermag positive wie negative Residuallasten auf der Verteilnetzebene auszugleichen, an die in stark wachsendem Maße Wärmepumpen und Ladepunkte für die Elektromobilität angeschlossen werden müssen. Insbesondere in der Heizperiode zwischen November und März, in der Photovoltaik naturgemäß nur bedingt zur Sicherheit der Stromversorgung beitragen kann und Luft-Wasser-Wärmepumpen ihre geringsten Leistungskennziffern verzeichnen, können dezentrale KWK-Anlagen ihre Netzdienlichkeit innovativ entfalten und einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.


Darüber hinaus bietet die dezentrale KWK die optimale Möglichkeit, das GEG und die in Arbeit befindliche Kraftwerksstrategie miteinander zu verknüpfen. Durch jede installierte, dezentrale KWK-Anlage – egal ob in Industrie, Quartiersversorgung oder in Wärmenetzen reduziert sich der Bedarf an neuen Gaskraftwerken zum Wohle des Steuerzahlers. Es wäre schade, wenn das GEG die Chancen der KWK mit Blick auf die Kraftwerksstrategie ausbremst.


Lassen Sie uns an zwei praktischen Beispielen, die exemplarisch für eine Vielzahl vergleichbarer Gebäudestrukturen stehen, die Rolle der KWK im zukünftigen Energiesystem verdeutlichen:


Im Mittelzentrum der rheinland-pfälzischen Stadt Bingen am Rhein befindet sich ein Gymnasium, das aus mehreren Gebäudekomplexen besteht. Beginnend mit einem denkmalgeschützten Altbau und Einrohrheizung am Fuße des Binger Schlossbergs liegen die Gebäudecluster A bis F aus den siebziger Jahren mit hochtemperierten Heizkörperheizungen und Lüftungsanlagen auf der oberen Geländeebene sowie Turn- und Sporthallen. Bei Außentemperaturen im Minusbereich hat das Gymnasium eine Spitzenleistung des Wärmebedarfs von bis zu 2.000 kW. Wollte man diesen Wärmebedarf mit Wärmepumpen decken, müsste das Gymnasium mit einer elektrischen Anschlussleistung von 700 kW ausgestattet werden. Diese hohe elektrische Leistung kann aber aus dem Netz des Verteilnetzbetreibers bei Weitem weder technisch noch wirtschaftlich zur Verfügung gestellt werden. Es ist mithin unmöglich, dieses Gymnasium komplett elektrisch mit Wärme zu versorgen, selbst wenn es alle Beteiligten wollten.


Zur Erfüllung der klimaneutralen Versorgungsaufgabe müssen hier dezentrale KWK und Wärmepumpen zu einem innovativen System zusammengefasst werden, bei dem in der Heizperiode Blockheizkraftwerke oder Brennstoffzellen den Wärme- und Strombedarf hocheffizient decken und mit der Stromerzeugung das vorgelagerte Verteilnetz flexibel entlasten und strommarktdienlich stützen. Positive Residuallasten können durch Zuschalten der KWK gedeckt, negative Residuallasten durch Aufnahme von Windkraft und PV in Power-to-Heat ausgeglichen werden. Außerhalb der Heizperiode übernehmen bei höheren Außentemperaturen die Wärmepumpen die Heizfunktion bei deutlich reduzierter Gebäudeheizlast, die dann höhere Leistungsziffern und somit eine höhere Effizienz aufweisen.


Auch in der Industrie ist es gerade die KWK, die innovative, gesicherte Energiekonzepte überhaupt erst ermöglicht. Das Unternehmen „PlanET Biogas Group“ in Gescher / NRW plant, entwickelt und konstruiert Biogasanlagen für die Landwirtschaft und Industrie und beschäftigt rund 300 Mitarbeiter. Beim Bau der neuen Firmenzentrale (Eröffnung 2022) wurde besonderer Wert auf die Konzeption der Energieversorgung gelegt, die zugleich sicher, wirtschaftlich und regenerativ sein sollte. Die Energiezentrale besteht demnach aus einer 295 kW PV-Anlage, einem 160 kWh Batteriespeicher, geothermischen Erdwärmesonden, einer Wärmepumpe mit 85 kW thermischer Leistung und einem 10.000 Liter Wärmespeicher. Abgerundet wird das Energiekonzept durch eine KWK-Anlage (50 kW elektrisch / 100 kW thermisch), die mit einer Jahreslaufzeit von 1.600 - 2.000 Betriebsstunden, insbesondere in den Wintermonaten, die benötigte Leistung des Industriebetriebs zu jedem Zeitpunkt absichert. Aufgrund der Installation der KWK-Anlage war es PlanET problemlos möglich, 18 E-Ladesäulen am neuen Standort zu installieren, da kein weiterer Netzausbau im Industriegebiet nötig wurde. KWK trägt hier somit unmittelbar zum Erreichen der hohen Ziele beim Ausbau der Elektromobilität und der Elektrifizierung des Wärmesektors bei.


KWK-Systeme sind in der genannten Weise auch in Verbindung mit anderen erneuerbaren Wärmeenergien wie Solarthermie, Geothermie und Biomasse koppelbar, um den Transformationsprozess der Energiewende hin zu Klimaneutralität effizient, sozialverträglich und mit Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zu gestalten. Sie wissen uns damit eng an Ihrer Seite und können auf unsere Unterstützung zählen. Für Fragen oder weitere Informationen stehen wir jederzeit bereit.


Unterzeichnet von:


Christoph Zeis

Vorsitzender LEE RLP/SL



Christian Mildenberger

Geschäftsführer LEE NRW

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